Gute vs. schlechte Organisationskultur
- Stephan Bellmann
- vor 3 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
Wie Kultur den Projekterfolg fördert oder ausbremst.
Einleitung
Organisationskultur ist einer der einflussreichsten, aber zugleich am schwersten greifbaren Faktoren im Projektmanagement. Sie bestimmt, wie Entscheidungen getroffen werden, wie mit Unsicherheit umgegangen wird, wie offen kommuniziert wird und wie Menschen zusammenarbeiten. Projekte scheitern selten an Methoden oder Tools – sie scheitern häufig an kulturellen Rahmenbedingungen.
Was bedeutet Organisationskultur im Projektkontext?
Im Projekt beschreibt Organisationskultur die gelebten Werte, Normen und Verhaltensmuster, die das tägliche Arbeiten prägen. Sie zeigt sich nicht in Leitbildern oder PowerPoint-Folien, sondern im Alltag:
Wie offen dürfen Risiken angesprochen werden?
Wie werden Fehler behandelt?
Wie klar sind Rollen, Verantwortlichkeiten und Entscheidungswege?
Wie viel Vertrauen gibt es zwischen Auftraggeber, Projektleitung und Team?
Gerade Projekte – als temporäre, oft interdisziplinäre Organisationsformen – reagieren besonders sensibel auf kulturelle Spannungen.

Merkmale einer guten Organisationskultur im Projekt
Eine gute Projektkultur unterstützt das Projekt aktiv bei der Zielerreichung.
Psychologische Sicherheit
Teammitglieder trauen sich, Probleme, Risiken und Unsicherheiten offen anzusprechen – ohne Angst vor Schuldzuweisungen oder Reputationsverlust.
Klare Verantwortlichkeiten
Rollen sind verständlich definiert, Entscheidungen werden transparent getroffen und nicht endlos vertagt oder politisch verwässert.
Lern- und Fehlerkultur
Fehler werden als Lernquelle betrachtet. Ursachen werden analysiert, nicht Personen. Lessons Learned fließen tatsächlich in das weitere Vorgehen ein.
Vertrauensvolle Zusammenarbeit
Projektleitung, Team und Stakeholder arbeiten partnerschaftlich zusammen. Zusagen haben Gewicht, Eskalationen sind sachlich und lösungsorientiert.
Methodik als Werkzeug, nicht als Dogma
Ob klassisch, agil oder hybrid: Methoden werden bewusst gewählt und angepasst – nicht blind „ausgerollt“.
Transparente Kommunikation und Informationsfluss
Informationen werden offen geteilt, Entscheidungen nachvollziehbar begründet und Projektstatus ehrlich kommuniziert – ohne Informationssilos oder Filter.
Anpassungsfähigkeit und kontinuierliche Weiterentwicklung
Teams reagieren flexibel auf Veränderungen, reflektieren regelmäßig ihr Vorgehen und passen Strukturen, Prozesse und Prioritäten pragmatisch an neue Rahmenbedingungen an.
Führungsstil als kultureller Enabler
Projektleitende fördern Verantwortung, Dialog und Selbstorganisation. Führung wird als supportiver, nicht autoritärer Prozess verstanden.
Merkmale einer schlechten Organisationskultur im Projekt
Eine schlechte Projektkultur wirkt oft schleichend, entfaltet aber massive negative Effekte.
Angst- und Schuldzuweisungskultur
Probleme werden verschwiegen, Risiken schöngeredet, Statusberichte gefiltert – bis es zu spät ist.
Scheintransparenz
Es gibt viele Reports, Meetings und KPIs, aber wenig echte Aussagekraft. Zahlen dienen der Rechtfertigung, nicht der Steuerung.
Unklare Macht- und Entscheidungsstrukturen
Entscheidungen werden informell, politisch oder gar nicht getroffen. Verantwortung wird nach oben oder unten delegiert – aber nie übernommen.
Methoden-Fetischismus
Frameworks werden dogmatisch angewendet („So steht es im Guide“), unabhängig von Kontext, Reifegrad oder Projektziel.
Ignorierte Risiken und unrealistische Erwartungen
Risiken gelten als „negativ“ und werden ausgeblendet. Termine und Budgets sind von Beginn an unrealistisch, Abweichungen tabu.
Geringes Commitment der Stakeholder
Projekte werden formal beauftragt, aber nicht aktiv unterstützt. Prioritäten wechseln häufig, Ressourcen sind instabil.

Warum Organisationskultur über Erfolg oder Misserfolg entscheidet
Projektmanagement-Methoden, Tools und Templates können ihren Nutzen insbesondere dann entfalten, wenn sie in ein passendes kulturelles Umfeld eingebettet sind. Eine konstruktive Organisationskultur wirkt dabei unterstützend, indem sie Entscheidungsprozesse erleichtert, den Umgang mit Risiken und Unsicherheiten verbessert und eine realistischere Planung begünstigt. Gleichzeitig trägt sie dazu bei, Reibungsverluste und Konflikte zu reduzieren sowie Motivation, Verantwortungsübernahme und Ergebnisqualität im Projekt zu stärken. Umgekehrt kann eine ungünstige Organisationskultur die Wirksamkeit selbst gut gewählter Methoden deutlich einschränken – unabhängig davon, ob klassisch, agil oder hybrid gearbeitet wird.




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