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Warum die Risikoanalyse in Projekten wichtig ist – aber selten konsequent umgesetzt wird

  • Autorenbild: Stephan Bellmann
    Stephan Bellmann
  • vor 5 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

Jan Köster ordnet die Rolle der Risikoanalyse im Projektmanagement ein und bewertet deren praktische Umsetzung im Abgleich mit aktuellen Studien.


Interview



Zusammenfassung des Interviews


Ausgangspunkt für die Diskussion zum Risikomanagement sind Studien, die zeigen, dass Risikomanagement zwar als wichtiger Erfolgsfaktor anerkannt wird, in der Praxis aber unzureichend umgesetzt ist. Jan Köster bestätigt diese Diskrepanz aus eigener Erfahrung: Risikoanalysen werden häufig einmalig zu Projektbeginn durchgeführt, danach aber nicht konsequent weitergeführt. Dabei entfaltet Risikomanagement seinen Nutzen nur, wenn es über die gesamte Projektlaufzeit hinweg betrieben wird. Gründe für die geringe Umsetzung sind Zeitdruck, der Vorwurf der Subjektivität oder der Eindruck, es handle sich um reine Bürokratie. Um dieses Umsetzungsdefizit zu verringern, sieht Jan zwei zentrale Hebel: eine verständliche, pragmatische Vermittlung der Methodik sowie einfache, alltagstaugliche Werkzeuge, die den Prozess unterstützen und nicht zusätzlich belasten.

Risikomanagement und Organisationskultur lassen sich aus seiner Sicht nicht voneinander trennen. Projektbezogenes Risikomanagement ist immer Teil des organisationalen Risikomanagements. Eine offene Kultur fördert realistische Bewertungen und Transparenz, während konsequentes Risikomanagement diese kulturellen Eigenschaften wiederum stärkt. Zudem weist Jan darauf hin, dass Risikoanalyse eigentlich als Chancen-Risiko-Analyse verstanden werden sollte, in der Praxis jedoch meist der Fokus auf Bedrohungen liegt, während Chancen vernachlässigt werden. Auch im agilen Projektmanagement bleibt Risikomanagement relevant, selbst wenn es dort häufig implizit über Iterationen, Reviews und kontinuierliche Anpassungen erfolgt.

Ein Risiko ist für Jan nicht durch einen einzelnen Begriff definiert, sondern immer durch Ursache, Ereignis und Auswirkung. Ob etwas als Risiko betrachtet werden muss, hängt von seiner Relevanz für die Projektziele und von der jeweiligen Ebene ab. Risiken sollten daher differenziert und interdisziplinär betrachtet werden. Die Risikoanalyse sollte im Projektalltag kontinuierlich mitlaufen und zusätzlich an markanten Meilensteinen strukturiert überprüft werden.

Anhand des Beispiels eines Lieferverzugs eines Hauptlieferanten erläutert Jan den praktischen Ablauf einer Risikoanalyse: Ursachen und Auswirkungen werden analysiert, Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe abgeschätzt und daraus ein Risikowert abgeleitet, der als Grundlage für Risikobudget und Maßnahmen dient. Maßnahmen zielen entweder darauf ab, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts zu senken oder die Auswirkungen zu begrenzen. Der eigentliche Mehrwert der Risikoanalyse liegt darin, vorbereitet zu sein, schneller reagieren zu können und die Erfolgsaussichten des Projekts insgesamt zu erhöhen.

Abschließend ordnet Jan die Risikoanalyse schlüssig in das Project Operation Model ein: von der frühen Risikovoranalyse zur Unterstützung der Projektentscheidung über die detaillierte Chancen-Risiko-Analyse im Projektentwurf bis hin zur kontinuierlichen Aktualisierung in Planung und Durchführung.


Jan´s Antworten auf drei Abschlussfragen

Wozu Projektmanagement?

Projektmanagement schafft Struktur, damit neue Vorhaben in „geregelten Bahnen“ umgesetzt werden können. Weil es sich um Dinge handelt, die es so vorher noch nicht gab, braucht es Frameworks, Methoden und Vorgehensweisen, um vorbereitet und handlungsfähig zu sein.


Wo weichen Theorie und Praxis ab?

Die Theorie ist oft zu allgemein, weil Frameworks wie IPMA oder PMI sehr unterschiedliche Projektarten abdecken sollen. Dadurch entsteht eine Lücke zwischen richtigem, aber generischem Wissen und der konkreten Anwendung im echten Projekt. Diese Brücke in die Praxis zu schlagen sieht Jan als zentrale Herausforderung – und als Aufgabe, die er mit Coaching unterstützen will.


Warum scheitern Projekte?

Für Jan scheitern Projekte selten daran, dass sie abgebrochen werden – eher daran, dass sie massiv über Zeit und Budget laufen. Gründe sind vor allem unrealistische Erwartungen in der Zieldefinition (teils bewusst zu niedrig angesetzte Kosten, um das Projekt zu starten), ein „einfach loslaufen statt Projektmanagement anwenden“-Ansatz sowie fehlendes Risikomanagement. Zusätzlich spielen Effekte wie Sunk-Cost-Fallacy eine Rolle, weil Projekte trotz schlechter Grundlage oft weitergeführt werden.



Kernaussagen aus dem Interview


Risikomanagement ist anerkannt – wird aber kaum konsequent umgesetzt

Risikomanagement gilt in Studien wie auch in der Praxis als zentraler Erfolgsfaktor im Projektmanagement. Dennoch bleibt die tatsächliche Umsetzung häufig auf eine einmalige Risikoanalyse zu Projektbeginn beschränkt. Ohne kontinuierliche Aktualisierung über die gesamte Projektlaufzeit entfaltet Risikomanagement jedoch keinen echten Nutzen.


Wirksames Risikomanagement muss pragmatisch, kontinuierlich und alltagstauglich sein

Risikomanagement scheitert selten an fehlendem Wissen, sondern an zu komplexen Methoden und unpraktischen Tools. Erfolgreich ist es dann, wenn es verständlich erklärt wird, einfach in den Projektalltag integrierbar ist und durch geeignete Werkzeuge unterstützt wird, statt zusätzliche Bürokratie zu erzeugen.


Risikoanalyse ist immer auch Chancenanalyse

Risikomanagement darf nicht auf Bedrohungen reduziert werden. Neben Risiken werden Chancen in der Praxis häufig vernachlässigt, obwohl sie aktiv genutzt und ihre Eintrittswahrscheinlichkeit gezielt erhöht werden könnten. Eine ausgewogene Chancen-Risiko-Analyse verbessert Entscheidungsqualität und Projekterfolg.


Risikomanagement und Organisationskultur beeinflussen sich gegenseitig

Eine offene, transparente Organisationskultur ist Voraussetzung für realistische Risikoanalysen. Gleichzeitig stärkt konsequent betriebenes Risikomanagement genau diese kulturellen Eigenschaften. Risikomanagement ist daher nicht nur eine Methode, sondern ein kulturelles Element professioneller Projektarbeit.


Der Mehrwert der Risikoanalyse liegt in Vorbereitung und Entscheidungsfähigkeit

Der eigentliche Nutzen der Risikoanalyse besteht nicht in der exakten Vorhersage von Ereignissen, sondern darin, vorbereitet zu sein: Risiken früh zu erkennen, Handlungsoptionen vorab zu durchdenken, schneller reagieren zu können und fundierte Entscheidungen zu treffen – insbesondere in Bezug auf Kosten, Termine und Projektfortführung.


Risikoanalyse

Analysierte Studien

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