top of page

Was sagen Studien über die Wirksamkeit der Risikoanalyse im Projektmanagement?

  • Autorenbild: Stephan Bellmann
    Stephan Bellmann
  • 31. Okt.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 9. Dez.

Zwei Studien der Hochschule Koblenz zeigen: Die Risikoanalyse wird als zentraler Erfolgsfaktor im Projektmanagement anerkannt – bleibt in der praktischen Umsetzung jedoch deutlich hinter ihrem Potenzial zurück.


Die Risikoanalyse zählt unverändert zu den zentralen Erfolgsfaktoren im Projektmanagement – zugleich aber auch zu den am häufigsten unterschätzten und unzureichend umgesetzten Disziplinen. Dies belegen zwei groß angelegte Studien der Hochschule Koblenz, die das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Zeiträumen beleuchten.


ree

Bereits die evidenzbasierte Studie Erfolgsfaktoren im Projektmanagement (Komus et al., BPM-Labor, 2015) zeigte deutlich, dass Projekte mit einem systematischen Risikomanagement signifikant erfolgreicher verlaufen als solche ohne strukturierte Risikoanalyse. Die Fähigkeit, Risiken frühzeitig zu erkennen und zu managen, wies eine der höchsten Effektstärken der gesamten Untersuchung auf (g = 1,703*). Ebenso erzielte der „zweckmäßige Umgang mit identifizierten Risiken“ eine hohe Effektstärke, was die zentrale Rolle einer aktiven Risikosteuerung unterstreicht. Projekte, die regelmäßig Risiken bewerten und priorisieren, erzielten nachweislich bessere Ergebnisse als solche, die Risiken nur punktuell betrachten. Besonders erfolgreich waren Ansätze, die auf regelmäßige Neubewertungen und eine Bewertung nach Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß setzten.



ree

Etwa drei Jahre später bestätigt die Studie Ökosystem Projekt – Projektumfeldstudie von Prof. Dr. Ayelt Komus und dem Projekt Magazin (2018) die weiterhin hohe Relevanz, aber auch die anhaltende Umsetzungslücke. Mit einem Relevanz-Score von rund 3,2 (auf einer Skala von 1 bis 4) zählt das PM-Risikomanagement zu den am stärksten priorisierten Disziplinen im Projektumfeld. Die Befragten erkennen damit an, dass ein strukturiertes Erfassen, Bewerten und Steuern von Risiken einen wesentlichen Beitrag zum Projekterfolg leistet. Auffällig ist jedoch, dass die Eigenbewertung der tatsächlichen Umsetzung mit einem Durchschnittswert von etwa 2,4 deutlich hinter der wahrgenommenen Bedeutung zurückbleibt. Diese Diskrepanz von −0,87 gehört zu den größten Lücken aller untersuchten Projektmanagement-Bereiche.


In der Interpretation der Autoren deutet diese Differenz auf ein verbreitetes strukturelles Defizit hin: Während die Relevanz des Risikomanagements allgemein anerkannt wird, fehlen in vielen Organisationen die notwendigen Routinen, Ressourcen oder institutionellen Strukturen, um Risiken systematisch zu identifizieren und zu bewerten. Besonders im klassischen Projektmanagement zeigt sich diese Schwäche nochmals ausgeprägter als in agilen oder hybriden Ansätzen. Interessant ist zudem, dass Teilnehmende außerhalb eines PMO die Risikoanalyse etwas höher bewerten als PMO-Mitarbeitende selbst – ein Hinweis darauf, dass die Wahrnehmung operativer Risiken in der Linie oft stärker ausgeprägt ist als in zentralen Governance-Strukturen.


Vergleicht man beide Studien, zeigt sich ein deutlicher Fortschritt im Bewusstsein für die Bedeutung der Risikoanalyse, jedoch kein entsprechender Fortschritt in der praktischen Verankerung. Während die Studie von 2015 die Wirksamkeit aktiver Risikoidentifikation und -steuerung empirisch belegt, verweist die Untersuchung von 2018 darauf, dass diese Erkenntnisse in der breiten Praxis noch immer nicht konsequent umgesetzt werden. Damit bleibt das Risikomanagement – trotz seiner hohen Relevanz – eines der kritischsten Entwicklungsfelder im modernen Projektmanagement. Eine stärkere institutionelle Verankerung, verbunden mit methodischer Unterstützung und Schulung, könnte maßgeblich dazu beitragen, Projekte widerstandsfähiger und nachhaltiger zu gestalten.


ree

Quellen:

  • Komus, A. et al. (2015): Erfolgsfaktoren im Projektmanagement – Eine evidenzbasierte Studie. BPM-Labor, Hochschule Koblenz, Interessenten-Version 1.02, Mai 2015.

  • Komus, A. (2018): Ökosystem Projekt – Projektumfeldstudie. Hochschule Koblenz in Kooperation mit dem Projekt Magazin.

Kommentare


bottom of page